Gastronomie-Pleitewelle rollte auf Deutschland, Österreich, Schweiz, Südtirol zu: 281.031 Betriebe alleine in diesen Regionen betroffen

Unternehmen, welche in einer Krise stecken, stehen meist vor zwei entscheidenden Fragen: Schaffen wir es in der Krise das Ruder noch herumzureißen, bevor wir untergehen?

Oder ist die Zeit zu knapp und wir melden lieber gleich Insolvenz an?

Eins ist klar: Es ist abzusehen, dass alleine in Europa Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Unternehmen wegen des Coronavirus und der daraus abgeleiteten politischen Restriktionen und Wirtschafts-Untersagungen in die Insolvenz schliddern werden. Dass sie also Konkurs anmelden müssen.

Eine Branche, welche es voraussichtlich besonders hart treffen wird – trotz Kurzarbeitergeld –, ist die sowieso nicht kapitalstarke Gastronomie in Ländern wie Deutschland, Österreich, der Schweiz oder Norditalien, beispielswiese dem deutschsprachigen Südtirol.

In Deutschland gibt es zwei Arten von Insolvenzen: Die Insolvenz in Eigenverwaltung. Sie wird empfohlen, sofern das zuständige Amtsgericht noch mitspielt. Zudem gibt es die häufig vom Amtsgericht verordnete Insolvenz in Fremdverwaltung.

Bei Fremdverwaltung ist man draußen

Bei der Fremdverwaltung ist der ehemalige Firmeninhaber und oft auch seine sonstige Führungstruppe meist innerhalb kurzer Zeit komplett aus dem Unternehmen draußen. Die ehemalige Führungstruppe wird häufig allenfalls noch als Interimsmanager mit Insiderwissen vom Insolvenzverwalter oder der Verwalterin genutzt.

Wenn die Firmeninhaber und Manager Pech haben, versucht der Insolvenzverwalter ihnen auch noch angebliche Insolvenzverschleppung nachzuweisen und sie strafrechtlich zu belangen. Dann steht auch das Privatvermögen im Feuer – egal ob man vorher eine AG hatte, eine GmbH oder KG. Zudem kann Gefängnis drohen – drei bis fünf Jahre.

Das heißt: Bei einer von einem externen Verwalter durchgeführten Insolvenz ist man komplett draußen, zumal es unterschiedliche Interessenslagen gibt:

Denn der Insolvenzverwalter verdient künftig im Insolvenz angemeldeten Unternehmen sein Geld damit, das betroffene Unternehmen entweder zu versuchen doch noch zu retten, oder es abzuwickeln.

Wenn der Insolvenzverwalter Rechnungen stellt

Seine Spesen, die Löhne und Gehälter für ins Haus geholte Wirtschaftsprüfer, Buchhalter, IT-Spezialisten, Anwälte etc. stellt er eins zu eins dem Betrieb, das Insolvenz angemeldet hat, in Rechnung.

Offiziell müssen diese Rechnungen zwar durch die zuständigen Amtsgerichte geprüft werden. Doch findet das mangels Überlastung meist nicht groß statt.

Deshalb hat schon so manche Insolvenz einen Insolvenzverwalter zum Multimillionär gemacht. Während der ehemalige Firmeninhaber, möglicherweise auch der Gründer im schlimmsten Fall in den Knast muss.

Auch Geschäftsführer kann es hart treffen, weshalb so oder so immer eine Geschäftsführer-Versicherung empfohlen wird, die dann auch die extrem teuren Strafgerichtsprozesse bezahlt. Alleine solche Prozesse können auch Top-Verdiener ruinieren. Doch viele sparen sich diese Geschäftsführer-Versicherungen, da sie in mittelgroßen Betrieben mit bis zu 300 Angestellten schnell an die 40.000 Euro im Jahr kosten können.

Da die Bundesregierung Restaurants und Cafés geschlossen hat, auch Friseure und viele Fast-Food-Betriebe, wird es für die Gastronomie jetzt besonders eng.

Situation in Deutschland

Nach Angaben der deutschen Dehoga, des deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes gibt es in Deutschland aktuell circa 223.000 Gastrobetriebe, welche umsatzsteuerpflichtig sind. [1] Dazu gehörten sowohl Hotels, als auch Catering-Betriebe oder Restaurants. Die meisten der Betriebe sind geschlossen.

Dramatischer Aufruf des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes,
DEHOGA am 19. März 2020.

Statista.com zählt mit 178.801 Gastrobetrieben für Deutschland etwas weniger, beziffert allerdings alleine den Jahres-Umsatz auf immerhin 56 Milliarden Euro. Das wären monatlich 4,6 Milliarden Euro. Statista gliedert die Umsätze der Gastronomie in Deutschland wie folgt auf:[2]

Anzahl Restaurants: 71.787. Der Umsatz liege bei 28,4 Mrd. €.
Anzahl Cafés: 11.608. Der Umsatz liege bei 2,85 Mrd. €
Anzahl Cateringdienste: 13.757. Der Umsatz liege bei 9,04 Mrd. €.
Anzahl der Bars und Diskotheken: 4.344. Der Umsatz liege bei 1,24 Mrd. €.

Situation in der Schweiz

In der Schweiz gibt es nach Angaben des Schweizer Statistischen Bundesamtes rund 20.000 Restaurants (ohne Hotels). Hinzu kämen rund 52.000 Landwirtschaftsbetriebe. Nachzulesen ist das in einem Jahresbericht des Statistischen Bundesamtes unter dem Namen «Landwirtschaft und Ernährung. Taschenstatistik 2019». [3] Die meisten der Betriebe sind geschlossen.

Auch in der Schweiz stellt die Gastronomie einen bedeutenden
Wirtschaftsfaktor dar. Hier ein Chart des Schweizer Amt für Statistik.

Situation in Österreich

In Österreich arbeiten in der Gastronomie nach Angaben der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) unter Bezugnahme auf den Fachverband GASTRONOMIE immerhin 156.656 Arbeitnehmer (inkl. geringfügig Beschäftigte). [4] Sie verteilten sich auf 34.181 Gastronomiebetriebe. Der durchschnittliche Jahresumsatz pro Gastro-Beschäftigtem liege bei brutto 54.432 Euro.

Ebenso in Österreich hängen Tausende Jobs an der Gastronomie.
Hier ein Chart der Wirtschaftskammer Österreich, beziehungsweise des Fachverband Gastronomie.

Die meisten Restaurants oder Cafés sowie sonstigen Betriebe in der Gastronomie würden lediglich bis maximal 9 Beschäftige haben – nämlich 92,5 Prozent. Nur 0,5 Prozent der Gastrobetriebe in Österreich hätten 50 und mehr Angestellte. [6] Auch in Österreich sind die meisten Gastronomiebetriebe geschlossen. Manche Regionen wurden komplett unter Quarantäne gestellt wegen der Corona-Krise.

Situation in Südtirol

Dramatisch sieht es auch im deutschsprachigen nördlichen Bundesland von Italien aus, in Südtirol. Die bei Deutschen oder Schweizern besonders beliebte bergige Region, ist allerdings noch nicht ganz so schlimm vom Coronavirus betroffen, wie das Nachbar-Bundesland, der Lombardei:

«3.700 Einzelhandelsbetriebe und 3.850 Gastrobetriebe in Südtirol geschlossen», titeln die suedtirolnews.it am 23. März 2020. [7]

Für Südtirol schildern die suedtirolnews.it die Situation wie folgt: «Der hds – Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol hat mittels der Geoanalyse errechnet, dass in Südtirol seit 12. März 2020 rund 3.700 Einzelhandelsbetriebe und 3.850 Gastrobetriebe (Cafés und Eisdielen, Bars und Pubs sowie Restaurants) in Südtirol geschlossen sind.»

Zudem zitiert das südtiroler Nachrichtenportal hds-Präsident Philipp Moser sowie Vizepräsident Sandro Pellegrini mit den Worten:

«Keine Frage: Wird die Schließung dieser Betriebe für eine weitere, längere Zeit verlängert, dann wird für viele unternehmensgeführte Tätigkeiten die Lage sehr ernst.»

In der Schweiz hat kürzlich die McDonald’s Corporation beschlossen, sämtliche Fast-Food-Restaurants, auch die Mcdrive zu schließen. Dem waren massive Vorwürfe einer Gewerkschaft vorausgegangen, die Arbeitgeber würden angeblich nicht genug zum Schutze ihrer Angestellten tun.

Vapiano und Maredo-Gastroketten in Insolvenz: Fast 9000 Mitarbeiter betroffen

Zudem machen aktuell zwei Insolvenzen großer bekannter deutscher Restaurant-Ketten von sich reden. Zum einen meldete die auf italienische Gerichte spezialisierte Restaurant-Kette Vapiano Konkurs an. Ob alle Vapiano-Restaurants weltweit betroffen sind, ist nicht ganz klar.

«Die Vapiano SE mit Sitz in Köln ist ein 2002 gegründetes börsennotiertes Unternehmen der Systemgastronomie», umschreibt Wikipedia das Unternehmen.

Gründer seien Mark Korzilius, Gregor Gerlach, Kent Hahne sowie Klaus Rader. Der Konzern habe zuletzt rund 7.225 Mitarbeiter beschäftigt und 372 Mio. Euro Umsatz erzielt (2018).

Außerdem gab am 24. März auch die Steakhauskette Maredo Restaurants Holding GmbH bekannt, man müsse Insolvenz anmelden, wenn der Staat nicht zeitnah helfe. Die Restaurantkette wurde vor bald 50 Jahren gegründet. Wikipedia schreibt zur Gastrokette:

«Maredo Restaurants Holding GmbH ist eine 1973 gegründete Restaurantkette mit Sitz in Düsseldorf, die auf Steaks spezialisiert ist.[2] Das erste Restaurant wurde im gleichen Jahr auf dem Kurfürstendamm in Berlin eröffnet. 1989 eröffnete Maredo sein 20. Steakhaus in Deutschland. Das erste Maredo-Steakhaus Österreichs eröffnete 1989 in Wien. Am Berliner Gendarmenmarkt eröffnete Maredo 2016 zudem sein Flagship-Restaurant mit einem offenen Grill im Restaurant.»

Insgesamt habe Maredo zuletzt immerhin 1.662 Mitarbeiter beschäftigt und einen Jahresumsatz von 116,12 Millionen Euro erzielt. Die Leitung habe zuletzt bei Klaus Farrenkopf gelegen.

Beiden Restaurant-Ketten erwarben sich im Laufe der Jahre bei vielen Besuchern durchaus Kultstatus. Ihnen wurde aber schon länger nachgesagt, dass sie – wahrscheinlich auch auf Grund des Mindestlohns sowie des knallharten Preis-Wettbewerbs in Deutschland –als Gastroketten hart zu kämpfen hätten.

Einzelnachweise

[1] Anzahl Gastronomiebetriebe in Deutschland, in: Dehoga, Deutscher Hotel- und Gaststättenverband, Zahlen aus dem Jahr 2017. Abgerufen in Google vom 24.3.2020.

[2] Statistiken zur Gastronomie, in: Statista.de vom 20.11.2019. Abgerufen am 24.3.2020.

[3] Bundesamt für Statistik der Schweiz, Jahresbericht ««Landwirtschaft und Ernährung. Taschenstatistik 2019», Seite 34 u.a.. Abgerufen am 24.2.2020.

[4] Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), BRANCHENDATEN Gastronomie, Abteilung für Statistik, Februar 2019, PDF-Summery, Seite 14.

[5] Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), BRANCHENDATEN Gastronomie, Seite 8 .

[6] Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), BRANCHENDATEN Gastronomie, Seite 16.

[7] hds-Vertreter besorgt: 3.700 Einzelhandelsbetriebe und 3.850 Gastrobetriebe in Südtirol geschlossen, in: suedtirolnews.it vom 23.3.2020.

[8] hds-Vertreter besorgt: 3.700 Einzelhandelsbetriebe und 3.850 Gastrobetriebe in Südtirol geschlossen, in: suedtirolnews.it vom 23.3.2020.

[9] Vapiano, in: Wikipedia DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) vom 24.3.2020.

Ähnliche Artikel

Antworten

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * gekennzeichnet.

Gruppen-Bedingungen und Konditionen

EU-DSGVO-Datenschutzhinweis: Mit dem Absenden dieses Formulars erkl?ren Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten gem?? unserer Datenschutzerkl?rungeinverstanden. Ihre Daten werden von uns nur im Zusammenhang mit einer m?glichen Ver?ffentlichung Ihres Kommentars, Ihres Leserbriefs, Ihres Accounts oder eines anderen Schreibens von Ihnen an uns gem?? unserer Datenschutzerkl?rung oder anderer von Ihnen gew?hlter Kommunikationskan?le, die auch E-Commerce-Aktivit?ten umfassen k?nnen, verwendet.

Skip to toolbar