Deutschland: 2,35 Mio. Menschen in Kurzarbeit wegen Coronavirus

Berlin – Hält Deutschland das aus? Alleine wegen der Coronavirus-Krise haben Arbeitgeber in Deutschland nun 2,35 Millionen Angestellte in Kurzarbeit gestellt. Das sind rund fünf Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland. Diese Anzahl könnte dramatisch weiter ansteigen.

Während in der Schweiz Arbeitnehmer 80 Prozent ihres ehemaligen monatlichen Nettogehalts bekommen bei einer Beitragsbemessungsgrenze von 11.853 Euro monatlich (12.500 Franken), erhalten deutsche Arbeitnehmer maximal 60 Prozent des monatliche Nettogehaltes. Dieses Kurzarbeiter-Geld gibt es in Deutschland aber nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung, welche im Jahr 2020 gilt. Aktuell liegt sie bei lediglich 4.537 Euro monatlich brutto. [1]

Fast 70.000 Unternehmen

In Kurzarbeit sind in Deutschland mittlerweile Mitarbeiter von VW, Lufthansa oder Swiss sowie von rund 77.000 (76.700) anderen Unternehmen. Die große Masse dieser Opfer der Corona-Krise ist aber der breiten Öffentlichkeit eher nicht bekannt. [2]

In Deutschland bezahlt das Kurzarbeitergeld die Bundesagentur für Arbeit (BA). Während Singles 60 Prozent des ausgefallenen Lohns erhalten, bekommen Beschäftigte mit Kindern noch 67 Prozent.

Der Staat, beziehungsweise die Arbeitslosenversicherung, übernimmt auch die Sozialabgaben, welche auf die ausgefallenen Löhne fällig gewesen wären. Immerhin kann die Arbeitslosenversicherung auf Grund der bisherigen guten konjunkturellen Lage in Deutschland auf 26 Milliarden Euro Rücklagen zurückgreifen.

Unter den 2,35 Millionen deutschen Kurzarbeitern sind 1,4 Millionen Kurzarbeiter der Finanz- und Wirtschaftsbranchen. Um die Millionen neuen Kurzarbeiter bezahlen zu können, legte die Bundesregierung in Berlin nun kurzfristig die “Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit” auf. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung (SZ) sei dies zum 23. März 2020 vom Kabinett beschlossen worden.

Um die Ausmaße der Corona-Krise zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Kurzarbeiter im Jahr 2009. Dieses Jahr gilt als ein Höhepunkt der damaligen Welt-Finanzkrise. Ausgelöst worden war sie in den USA durch die Pleite einer bekannten Investmentbank – von Lehman Brothers. Die Schockwellen umrundeten damals die Welt und bedeuteten alleine für Deutschland, dass 1,4 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit geschickt wurden.

10,5 Milliarden Zusatzkosten

Derzeit geht die Bundesarbeitsagentur in Nürnberg davon aus, dass die neuen Millionen Kurzarbeiter mit rund 10,05 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr zu Buche schlügen. Davon entfielen 5,99 Milliarden für die Erstattung der Sozialbeiträge. Weitere 4,06 Milliarden Euro entfielen für das Kurzarbeitergeld.

So gut Kurzarbeitergeld für Unternehmen in der Corona-Krise klingt: Für Hunderttausende Arbeitnehmer der niedrigeren Gehaltsklassen bedeutet es eine Katastrophe in der Katastrophe. Denn für viele Berufsgruppen, wie Verkäufer oder Reiseverkehrskaufleute, werden nicht selten monatliche Bruttolohne von lediglich 1700 bis 2300 Euro bezahlt.

Das entspricht dann einem monatlichen Nettogehalt von im Schnitt gerade einmal 800 bis 1200 Euro. Wenn es davon nur noch 60 Prozent gibt, können diese Betroffenen nicht mehr ihre Fixkosten decken. Eine Aufstockung durch die Grundsicherung, bekannt auch als Hartz IV, ist unausweichlich. Für viele ist alleine der Antrag auf Grundsicherung mit einer großen Scham verbunden. Denn niemand lässt sich gerne als «Hartzvierler» schief anschauen.

Immerhin: Der Lufthansa-Konzern, der auch mit dem Rücken zur Wand steht, stockt das Kurzarbeitergeld ihrer Zehntausenden Arbeitnehmer deutlich auf und zwar bis zur Grenze des bisherigen Lohns. Dennoch haben Tausende Angestellte nun massive Existenzängste. Zur Lufthansa gehört auch die Swiss in der Schweiz oder AUA in Österreich (Austrian Airlines).

Einzelnachweise

[1] Coronavirus: So viele Kurzarbeiter wie noch nie, von: Henrike Roßbach, in: Süddeutsche Zeitung Online vom 19.3.2020. Abgerufen am 22.3.2020.

[2] 76.700 Betriebe kündigen wegen Coronavirus Kurzarbeit an, in: Deutschlandfunk.de vom 21.3.2020. Abgerufen am 22.3.2020.

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